Stolpersteine

"Stolpersteine" ist ein Kunstprojekt für Europa. Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Mit über 110.000 verlegten Steinen in 21 europäischen Ländern (Stand 2024) gilt es als das weltweit größte dezentrale Mahnmal.  

Weitergehende Informationen finden Sie hier: https://www.stolpersteine.eu

 
Stolpersteine in Erftstadt - Die Entwicklung

Bereits im Jahr 2006 wurden Stolpersteine in den Erftstädter Stadtteilen Liblar und Lechenich verlegt. In Gymnich, Friesheim und Erp lagen keine Steine, obwohl auch in diesen Stadtteilen in der Zeit bis zum einsetzenden Holocaust ein reges jüdisches Leben herrschte. In Gymnich und Friesheim existierten derzeit sogar Synagogen bzw. Gebetsräume. Dies nahm die Gymnicherin Bettina Tanneberger zum Anlass, im April 2023 bei der Stadt Erftstadt die Verlegung von Stolpersteinen in Gymnich, Friesheim und Erp bei der Stadt Erftstadt anzuregen. Im August 2023 wurde dieses Thema im Rahmen einer Sitzung des Kulturausschusses besprochen und befürwortet.

Durch den Leiter des historischen Archivs Erftstadt, Dr. Frank Bartsch, wurde der Gymnicher Heimatverein auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht. Kurze Zeit später nahm Tom Fuß Kontakt mit Bettina Tanneberger auf und bot die Unterstützung des Heimatvereins für ein entsprechendes Projekt an. In der Folge erschien das Thema "Stolpersteine" zum ersten Mal auf der Tagesordnung einer Vorstandssitzung sowie einer Mitgliederversammlung. Mit großer Zustimmung wurde eine aktive Unterstützung dieses Projektes beschlossen.

Unser Mitglied Kajo Welter stieß kurze Zeit später ebenfalls zum Projektteam hinzu und übernahm die Leitung der Recherchen. Es wurde beschlossen, die Verlegung der Stolpersteine für Gymnich gemeinsam mit den Verlegungen in Friesheim und Erp zu koordinieren, da der Antrag beim Kulturauschuss für alle drei Stadtteile zusammen gestellt wurde. Zur besseren Abstimmung und für eine einfachere Kommunikation wurden zwei WhatsApp-Gruppen erstellt. Der Vorsitzende der Dorfgemeinschaft Friesheim, Robert Niederprüm, sowie der ortsgeschichtlich ebenfalls sehr engagierte Friesheimer Bürger Philipp Gatzen übernahmen die Recherchen und die Organisation für den Stadtteil Friesheim. Für Erp erklärte sich die Ortsbürgermeisterin Frau Cornelia Hütten bereit, die Organisation zu übernehmen, Bettina Tanneberger bot ihre Unterstüzung bei der Recherche zu den Steinen für Erp an.

Tom Fuß kümmerte sich um die Organisation der Zeremonie sowie der Verlegungen in Gymnich. Weiterhin nahm er Kontakt mit den Anwohnern der Häuser auf, vor denen die Steine verlegt werden sollen. Es stellte sich heraus, dass alle Anwohner dieser Aktion positiv gegenüberstanden. Alle nahmen das Angbot an, über den Fortschritt des Projekts regelmäßig informiert zu werden.
Bettina Tanneberger übernahm die Kommunikation mit der Stiftung "Spuren - Gunter Demnig", die für die Stolpersteine verantwortlich zeichnet. Mit der Stiftung mussten die Daten der betreffenden Personen, die Verlegestellen sowie die Inschriften der Steine abgesprochen werden. Weiterhin koordinierte Bettina Tanneberger die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kommunikation mit Friesheim und Erp. Auch versuchte sie, Angehörige aus Friesheim und Erp ausfindig zu machen. Für Gymnich unternahm Kajo Welter zahlreiche Versuche, Kontakt zu Angehörigen der Gymnicher Juden aufzunehmen, die einen Stolperstein erhalten sollten.

Die Recherchen zu den Stolpersteinen stellten sich als sehr aufwändig und zeitintensiv heraus. Viele Daten mussten ermittelt und miteinander abgeglichen werden, um die Richtigkeit soweit wie möglich sicherzustellen. Dazu wurden in erster Linie öffentliche Datenbanken herangezogen, wie z.B. "Yad Vashem", das "Bundesarchiv Gedenkbuch" sowie das "Familienbuch Euregio".

Im Juni 2024 erhielten wir eine Benachrichtigung der Stiftung über den Verlegetag. Diese sollte am 6. Dezember 2024 stattfinden.

Ende Juli 2024 war der Stichtag zur Übermittlung der Ergebnisse unserer Recherchen an die Stiftung. Wir mussten darlegen, welche Personen einen Stolperstein erhalten sollten, die  Verlegestellen angeben sowie Details zu den einzelnen Biografien benennen, damit die Inschriften der Stolpersteine erstellt werden konnten. Diese Daten wurden anschließend von Mitarbeitern der Stiftung geprüft.

Da das komplette Projekt ohne öffentliche finanzielle Unterstützung auskommen musste, wurde ein privates Spendenkonto sowie eine eigene Email-Adresse für mögliche Rückfragen eingerichtet.

Im August 2024 informierten wir die lokale Presse über unser Vorhaben und baten um eine Vorberichterstattung. Anfang September erschienen dann die ersten Zeitungsartikel, die über unser Projekt berichteten:

"In Erftstadt werden 45 Stolpersteine verlegt" - Kölner Stadt-Anzeiger

"Stolpersteine für Erp, Friesheim und Gymnich: Gegen das Vergessen" - Rheinische Anzeigenblätter

In der Folge gingen mehr und mehr Spendengelder ein, sodass sich unsere Sorgen um eine ausreichende Finanzierung der Stolpersteine schnell als unbegründet herausstellten. Die allgemeine Rezeption des Projektes in der Bevölkerung war herausragend positiv und dies spiegelte sich ebenfalls in einer großartigen Spendenbereitschaft wider.

 
Zeremonie und Verlegungen in Gymnich

Im Vorfeld der Verlegungen fanden zahlreiche Absprachen mit der Stadt Erftstadt zwecks Vorbereitung der Verlegestellen statt. Mehrere Tage vor den Verlegungen öffneten Mitarbeiter des städtischen Bauhofs an den entsprechenden Stellen die Bürgersteige und sicherten die Stellen ab, indem sie Barken aufstellten und größere Bereiche bei den Verlegestellen zu Parkverbotszonen machten.
Wir sprachen die Schulleitung der Grundschule Gymnich auf eine mögliche Teilnahme von Grundschülern und Lehrpersonen an der Verlegung  an, da man dies im Planungsteam für sehr wünschenswert hielt. Schnell war man sich bei der Schulleitung einig, dass sich Schüler zusammen mit einigen Lehrpersonen beteiligen würden.
Weiterhin gelang es uns, die Bürgermeisterin von Erftstadt Carolin Weitzel, den Leiter des Stadtarchivs Erftstadt Dr. Frank Bartsch sowie unseren Pastor Joseph Pikos für Vorträge und Wortbeiträge zu gewinnen.

Die Verlegung am Freitag, dem 6. Dezember 2024 an der ersten Verlegeadresse (Schützenstr. 14/14a) fand im Rahmen einer zentralen Zeremonie mit Ansprachen und Beiträgen statt. Der Erfinder der Stolpersteine, der Künstler Gunther Demnig, war persönlich anwesend, um die Steine zu verlegen.
Die Veranstaltung begann um 9 Uhr. Thomas Fuß, Vorsitzender des Heimatvereins, führte durch die Zeremonie. Dr. Bartsch hielt einen Vortrag über den Ursprung und die Geschichte des jüdischen Lebens in unserer Heimat. Landrat Frank Rock und Ortsbürgermeister Patrick Morgen waren als Gäste anwesend. Mitarbeiter des Bauhofs Erftstadt standen bereit, falls handwerkliche Unterstützung notwendig war und einige Polizeibeamte sorgten für eine ausreichende Sicherung der Straße.
Trotz eines kräftigen und kalten Windes blieb es während der Veranstaltung trocken und mit weit über 100 Besuchern wurden unsere Erwartungen bzgl. der Teilnehmerzahl bei weitem übertroffen. Die Beiträge und die spürbare Anteilnahme aller Besucherinnen und Besucher trugen dazu bei, dass die Stolpersteine in einem würdigen Rahmen verlegt werden konnten. Ein besonderer Höhepunkt war die Teilnahme einer großen Gruppe von Viertklässlern unserer Grundschule, die das Lied "Shalom Chaverim" mit mehreren Strophen in verschiedenen Sprachen und mit musikalischer Begleitung einstudiert hatten. Nach dem Einbringen der Steine in den Boden wurden Blumen und Steine niedergelegt; eine 
Blume als christliches Zeichen des Gedenkens und einen Stein als traditionelles Zeichen im Judentum, um die Toten zu ehren und Anteilnahme zu zeigen. Anschließend lud Thomas Fuß alle Teilnehmer dazu ein, eine Gedenkminute abzuhalten. 

 

Stolpersteine Schützenstr. 14/14a

 

Aus organisatorischen Gründen konnte Gunther Demnig am 6. Dezember lediglich Stolpersteine an drei Gymnicher Adressen verlegen, und zwar bei der Schützenstr. 14/14a gefolgt von der Schützenstr. 2 (Parkplatz der Metzgerei Axer) sowie bei der Neustr. 8. Danach fuhr er weiter nach Friesheim und Erp, um dort mit den Verlegungen fortzufahren.

Die Verlegung der restlichen Stolpersteine fand einige Tage später am Mittwoch, dem 11. Dezember 2024 durch Mitarbeiter des Bauhofs Erftstadt statt. Um 10 Uhr begann die Verlegung bei der Adresse Am Büschel 8a und endete anschließend bei der Dirmerzheimer Str. 11. Wie erwartet war die Beteiligung der Bevölkerung bei dieser Verlegung deutlich geringer als bei der Zeremonie am 6. Dezember, dennoch fand auch diese in einem würdigen Rahmen statt.

Eine Berichterstattung über die Stolpersteinverlegungen durch die lokalen Zeitungen erfolgte kurze Zeit später:

 
Betroffene Familien

Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass in den drei Erftstädter Stadtteilen Gymnich, Friesheim und Erp insgesamt 44 ehemalige jüdische Bürger einen Stolperstein erhalten. 

Gymnich

In Gymnich wurden 20 Steine an 5 verschiedenen Stellen verlegt.

Bei der Adresse "Schützenstr. 14" bzw. 14a befand sich damals sowohl die Gymnicher Synagoge als auch eine Wohnung. Diese war der letzte freiwillige Wohnort der Familien Kaufmann und Zieger. Folgende Familienmitglieder erhielten einen Stolperstein:

 

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Schützenstr. 2" (heute Parkplatz der Metzgerei Axer/Bäckerei Schneider) war der letzte freiwillige Wohnort der Familie Stock. Folgende Familienmitglieder erhielten einen Stolperstein:

 

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Neustr. 8" war der letzte freiwillige Wohnort der Familie Daniel. Folgende Familienmitglieder erhielten einen Stolperstein:

 

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Am Büschel 8a" war der letzte freiwillige Wohnort der Familie Voos. Folgende Familienmitglieder erhielten einen Stolperstein:

 

Das Wohnhaus bei der Adresse "Dirmerzheimer Str. 11" war der letzte freiwillige Wohnort der Familie Schwartz. Folgende Familienmitglieder erhielten einen Stolperstein:

 

Friesheim

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Bruder-Edelfried-Str. 11" war der letzte freiwillige Wohnort der folgenden Personen, die einen Stolperstein erhielten:

  • Salomon Franken
  • Elsa Franken
  • Jakob Franken
  • Lena Weisbecker

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Bruder-Edelfried-Str. 19" war der letzte freiwillige Wohnort von Familie Rosenthal. Folgende Personen erhielten einen Stolperstein:

  • Jakob Rosenthal
  • Jeanetta Rosenthal
  • Regina Rosenthal

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Graf-Emundus-Str. 50" war der letzte freiwillige Wohnort der folgenden Person, die einen Stolperstein erhielt:

  • Regina Franken

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Weilerswister Str. 11" war der letzte freiwillige Wohnort von Familie Heumann. Folgende Personen erhielten einen Stolperstein:

  • Jonas Heumann
  • Johanna Heumann
  • Markus Heumann
  • Simon Heumann
  • Johanna Heumann
  • Joseph Heumann

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Talstr. 11" war der letzte freiwillige Wohnort von Familie Schwarz. Folgende Personen erhielten einen Stolperstein:

  • Norbert Schwarz
  • Eva Schwarz
  • Jakob Schwarz
  • Hilde Jeanette Schwarz

Erp

Das ehemalige Wohnhaus bei der Adresse "Abt-Horchem-Str. 3" war der letzte freiwillige Wohnort von Familie Schwarz. Folgende Personen erhielten einen Stolperstein:

  • Adolf Schwarz
  • Irene Sofia Schwarz
 
Patenschaften

Im Zuge der Spendenaktion wurde beschlossen, dass Spenderinnen und Spender nicht nur für das Projekt insgesamt sondern auch für bestimmte Stolpersteine spenden können. Damit konnte eine Art Patenschaft übernommen werden, sofern dies gewünscht ist. Eine Patenschaft bietet die Möglichkeit, eine persönliche Spende direkt mit einem Namen und damit einem Schicksal zu verknüpfen.

Einige der Paten boten an, sich bei der Pflege und Instandhaltung "ihres" Steins zu beteiligen. Dies geschieht normalerweise jeweils kurz vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht (9. auf den 10. November). Eine Anleitung zur Reinigung haben wir für alle Interessierten hier zum Herunterladen bereitgestellt.

 
Weitere Informationen

Das Projekt geht weiter: Voraussichtlich im November 2025 wird Gunther Demnig zwei „Stolperschwellen“ verlegen: In Gymnich (Schützenstr. 14/14a) und in Friesheim soll damit an die ehemaligen Synagogen in diesen Orten erinnert werden, die in der Pogromnacht schwer beschädigt bzw. zerstört wurden.

Außerdem arbeiten wir an einer Broschüre über die Stolpersteine Erftstadts.

Weiterhin werden die neuen Stolpersteine in diversen Apps sowie bei Wikipedia erfasst. Die notwendigen Schritte dazu wurden ebenfalls nach Abschluss der Verlegungen eingeleitet. 

Wie bereits erwähnt wuden zahlreiche Versuche unternommen, noch lebende Angehörige der Personen, die einen Stolperstein erhalten haben, zu kontaktieren und zur Verlegung einzuladen. Leider ist uns dies für die Nachfahren der Gymnicher Juden nicht gelungen.
Umso erfreulicher war es, dass sich kurz nach der Verlegung doch noch jemand gemeldet hat: Monica Schwartz-Krikorian, die Tochter von Erich (Eric) Schwartz und Enkelin von Hermann und Regina Schwartz, die jeweils einen Stolperstein bei der Dirmerzheimer Str. 11 erhalten haben, antwortete auf unsere Nachricht. Unseren Brief mit der Einladung zur Zeremonie hat sie letztendlich doch noch erreicht, wenn auch etwas zu spät. Sie war sehr erfreut und sehr dankbar für die Aktion. Sie erzählte, dass in der Vergangenheit bereits dreimal in Gymnich gewesen ist, zuletzt im Jahr 2019. Bei einem früheren Besuch im Jahr 1972 war sogar ihr Vater Erich mit dabei. Monica berichtete, dass viele der Nachbarn aus den Häusern kamen und sich sehr freuten, Erich wiederzusehen. Trotz seiner schrecklichen Erlebnisse und Erinnerungen hat ihn das Wiedersehen sehr berührt und erfreut.
Für die anderen Großeltern von Monica wurden in Sittard/Niederlande ebenfalls Stolpersteine verlegt.

Am Abend nach unserer Zeremonie am 6. Dezember 2024 bekam Gunter Demnig für sein herausragendes Engagement den Kölner „Karl-Küpper-Preis“ verliehen.
Herzlichen Glückwunsch dafür!

 

Dank

Ein jüdisches Sprichwort sagt: „Ein Mensch ist nur vergessen, wenn sein Name vergessen wird“. Lassen Sie uns diese Menschen nicht vergessen! Lassen Sie sie uns in Erinnerung behalten. Wir haben dafür mit den Stolpersteinen einen wichtigen Grundstein gelegt.

Das Projektteam möchte sich an dieser Stelle bei allen Spendenrinnen und Spendern ganz herzlich bedanken, die dieses Projekt mit ihrer überwältigenden Spendenbereitschaft überhaupt erst ermöglicht haben.

Herzlichen Dank an Gunther Demnig und sein Team für dieses wertvolle Projekt und dafür, dass er die Steine persönlich verlegt hat.

Ebenfalls herzlich Danken möchten wir auch der Initiatorin des Projektes, Bettina Tanneberger, der Polizei sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Erftstadt und des Bauhofes für die tatkräftige Unterstützung bei der Planung und Durchführung des Projektes.

Weiterhin danken wir unserer Bürgermeisterin Frau Weitzel, Herrn Dr. Bartsch, Herrn Pastor Pikos sowie den Grundschülern für ihre gelungenen Beiträge bei der Zeremonie.

 

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